10 junge Männer gründeten den Turnverein Katzenfurt am 15.03.1901 im Gasthaus Martin (Scholze).
(DU). Im Winter des Jahres 1901 verdichteten sich die Absichten einiger Katzenfurter Turner, von denen die meisten ihren Sport beim benachbarten Turnverein Sinn betrieben oder an anderen Orten mit dem Turnen in Berührung gekommen waren, vor Ort den eigenen Verein zu gründen. Turnen war damals Sportart Nummer 1, modern, gesellschaftlich hoch angesehen, gesellig , unterhaltsam, zog die Jugend an und war eine Plattform für jede denkbare Art der Freizeitbeschäftigung wie Gesang, das Feuerlöschwesen, Theaterspielen, Erziehung , Bildung bis hin zur Politik. Die Deutsche Turnerschaft, der nationale Dachverband dieser Zeit für den Sport im Deutschen Reich, hatte dafür Raum und Rahmen bei seinen Vereinen mit der von Turnvater Friedrich Ludwig Jahn mitverfaßten Mustersatzung für die Turnvereine geschaffen. Gauturnfeste waren Großveranstaltungen des Sportes und der nationalen Erhebung. 1905 zählte man beim Gauturnfest in Haiger über 5000 Turner und Besucher. Die nachwachsende örtliche Jugend machte Druck. Sie wollte vor Ort turnen. Zum Initiator wurde Wilhelm Feye, damals 27 Jahre alt, geboren 1874 in Hattingen/Ruhr, mit den Eltern nach Sinn gezogen, wo der Vater bei Haas &Sohn als „Puddelmeister“ tätig war und schließlich nach Katzenfurt gekommen, wo er sein Installationsgeschäft gegründet hatte. Seit einigen Jahren war er aktiver Turner beim TV 1891 Jahn Sinn. Am 15.März 1901 versammelte er wie schon öfters davor seine Getreuen in der Katzenfurter Gaststätte Martin um sich. Bei dem noch jungen „Scholze Bettchen“ waren es an diesem Abend 10 Teilnehmer. Acht davon waren neben Wilhelm Feye *1874, Friedrich Hinkel *1878 (Großvater von Ilse Bettinger), Heinrich Heberling *1879, Ludwig Schupp *1884, Wilhelm Keil * 1883, Ludwig Jakob *1887, Karl Droß * 1881 und Ludwig Zehner * 1878 die im Standesamt Ehringshausen eingetragen sind, das seit 1874 geführt wird. Dazu kommen Wilhelm Ludwig Cunz, genannt Ludwig Cunz (Großvater von Heinz Jakob/Elektro) und der 41. jährige Förster Wilhelm Kuhl die vor 1874 geboren sind. Also mindestens 6 Erwachsene über 21 Jahre und 4 Jugendliche. Als Ergebnis dieses Tages gründeten sie den Turnverein Katzenfurt. Man wählte den Vorstand. Sprecher wurde Wilhelm Feye, Schriftwart Ludwig Cunz, Turnwart Heinrich Heberling und Säckelwart (Finanzen) Ludwig Schupp. Die ersten Geräte waren in der Werkstatt von Wilhelm Feye bereits in Arbeit. An den ersten warmen Tagen wurden Barren, Reck und Pferd auf dem Gänsewieschen installiert und der Turnbetrieb und das Faustballspielen begann. Im Freien richtete er sich nach dem Feierabend der Berufstätigen nach dem damals üblichen 12-Stundentag incl. dem Samstag und dem abendlichen Sonnenuntergang. Im Winter benutzte man die Gasthaussäle. In der Vereinsanmeldung vom 6.2.1902 sind diese Termine mit dienstags und freitags von 8 bis 11 Uhr abends angegeben.
Urkunde vom 6.2.1902
„Da wir später unterschriebenen Mitglieder nämlich einen Turnverein unter nachstehenden Statuten gegründet und aus folgenden Mitgliedern den Herrn Wilhelm Ludwig Cunz als Präsident, wohnhaft zu Katzenfurt gewählt haben und möchten hierdurch auf der Bürgermeisterei Aßlar zu Ehringshausen dasselbe zur Anzeige bringen. Weitere Bemerkungen sind: I) Befindet sich das Vereinslokal im 2. Stockwerk des Hauses Herrn Gastwirt Martin hierselbst.
In dem kurz nach der Gründung gebauten Saal der damaligen Gaststätte Hild (Hirschwirt), gegenüber der Elch-Apotheke, heute Mehrfamilienhaus, waren die Verankerungen für die Turngeräte bereits im Boden eingelassen worden. Der junge Verein erhält sofort Zulauf. Bei den Monatsversammlungen (heute Vorstandssitzungen) werden die Statuten für die formelle Anmeldung des neuen Vereines beim Amtsbürgermeister von Aßlar zu Ehringshausen vorbereitet. Da Wilhelm Feye neben seinem Betrieb als der erfahrenste Turner den Turnbetrieb zu leiten hatte und wohl auch wegen der Formalien mit den Statuten und der Vereinsanmeldung, wählt man in der 1. Generalversammlung den Schriftführer Ludwig Cunz zum Präsidenten, wie es in der Anmeldung vom 6.2.1902 heißt. Mit Vorlage der Statuten (Satzung) und dem Stempel des Bürgermeisters als Ortspolizeibehörde steht der junge Verein auf rechtlich sicherem Boden und kann sich ganz dem Aufbau eines attraktiven Turnbetriebes widmen. Man hatte im ersten Jahr 30 neue Mitglieder dazugewonnen und nahm sich sportlich viel vor. Höhepunkte im Turnerjahr waren damals der Besuch der Gau und Bezirksturnfeste. Der langjährige 1. Vorsitzende Heinrich Emmelius (1940 bis 1982) schrieb in der von ihm verfaßten Chronik, dass dem jungen Verein leistungsstarke Gerätturner und Volksturner (heute Leichtathleten) zur Verfügung standen, die in ihrer Klasse von den nachfolgenden Mitgliedergenerationen nicht mehr erreicht wurden und nannte die Namen Ludwig Zänker, Ludwig Schwahn, Fritz Busch, Heinrich Herr und Heinrich Tross als die Erfolgreichsten. Ludwig Zänker und Ludwig Schwahn waren damals mehrfache 1. Turngausieger im 12-Kampf. Ludwig Zänker und Fritz Busch fielen als erste gleich zu Beginn des 1. Weltkrieges 1914 in Frankreich.
Eines der ältesten Fotos um 1906 zeigt sonntägliches Faustballspiel auf dem Gänsewieschen hinter der alten Katzenfurter Dillbrücke. Im Vordergrund das Reck und rechts die Sprunggrube
Der Turnplatz in der warmen Jahreszeit war das Katzenfurter Gänsewieschen mit Reck, Barren, Sprung- , Seitpferd , Ringegerüst und Bodenturnen auf dem Rasenplatz, der auch Trainingsfläche für das damals beliebte Faustballspiel war. Einige der schmiedeeisernen Geräte der Gründer stehen heute noch in der Heinrich-Emmelius-Halle einsatzbereit zur Verfügung und werden auch hin und wieder vom Turngau Lahn-Dill bei Gauturnfesten eingesetzt. Ab 1906 wurde die Gaststätte Lorenz Vereinslokal. 1908 war Katzenfurt Ausrichter des großen Bezirksturnfestes auf dem Katzenfurter Grün, wo 1928 der heutige Katzenfurter Sportplatz entstand. Der Verein zählte damals 75 Mitglieder. Ab 1910 war der eigene Turnerspielmannszug einsatzbereit und begleitete die Katzenfurter Turner auf die Gau- und Bezirksturnfeste und stand dem Verein bei festlichen Anlässen zur Verfügung. Er bestand damals aus 6 Flötisten und 4 Trommlern. Geübt wurde jeweils nach den Turnstunden, die abends und Sonntagvormittags stattfanden. Stabführer war der Turnwart. In den Wintermonaten dieser ersten Jahre sorgte bereits eine Theatergruppe für einige abwechslungsreiche Abende und förderte damit das kulturelle Leben im Dorf. Bereits 1912 wurde das Bezirksturnfest wiederum nach Katzenfurt vergeben, wo es sportlich und wirtschaftlich für den jungen Turnverein, zu einem großen Erfolg wurde. Im gleichen Jahr wagte man sich an den Bau einer eigenen Turnhalle an der Dillbrücke vor dem Gänsewieschen, dem heutigen Grundstück der Fa. Elektro-Feye heran. Doch das Vorhaben scheiterte 1913 am abschlägigen Bescheid des Kreisbauamtes und des Bürgermeisters wegen befürchteter Hochwasserschäden durch die Dill und ein anderes Grundstück stand damals nicht zur Verfügung. Während des ersten Weltkrieges befand sich fast die ganze erste Turnergeneration des Vereins im Militäreinsatz, von denen es 11 Tote zu beklagen gab, denen man auf der Ehrentafel in der Heinrich-Emmelius eine bleibende Erinnerung gegeben hat. Die Kriegszeiten waren für den damaligen Vorsitzenden Jakob Brückmann(1914 bis 1919), dem in der Heimat Zurückgebliebenen, eine große Herausforderung die begonnene Arbeit mit der heranwachsenden Jugend mit großem Idealismus fortzusetzen. Für seine Verdienste wurde er 1925 von der Generalversammlung zum Ehrenvorsitzenden ernannt und mit dem Ehrenbrief der Deutschen Turnerschaft ausgezeichnet. 1918 übersiedelte der Verein in sein neues Vereinslokal Ludwig Hild (Hirschwirt). In dessen neuem Saalbau (10 x 12 Meter) waren die Bodenverankerungen für die Turngeräte bereits eingebaut worden.
Das Foto zeigt die Turnerriege des TV Katzenfurt auf dem Gauturnfest 1909 in Herborn, mit o.v.l. Friedrich Busch, Ludwig Jakob (22), Heinrich Troß, m.v.l. Ludwig Zänker, Ludwig Herr, Ludwig Bingel, Heinrich Brückmann, Wilhelm Feye (35) , Fritz Schupp (26), Wilhelm Hild, Turnwart Ludwig Schwahn, mittig vorne Heinrich Clösner, und unten v.l. der Turner Fritzjus, der Zögling Heinrich Herr (12) und der Turner Bickel.